Medizin erklärt 18. Oktober 2025 6 Min. Lesezeit

Erkältungszeit: Was hilft wirklich?

Vitamin C, Zink, heisse Zitrone - ein Faktencheck zu Erkältungsmythen.

Erkältungszeit: Was hilft wirklich?

Die Nase läuft, der Hals kratzt, der Kopf brummt. Erkältungszeit.

Und damit auch Zeit für gutgemeinte Ratschläge: "Nimm doch Vitamin C!" "Heiße Zitrone mit Honig!" "Zink soll helfen!"

Was davon stimmt? Zeit für einen Faktencheck.

Was eine Erkältung ist (und was nicht)

Eine Erkältung ist eine Virusinfektion der oberen Atemwege. Über 200 verschiedene Viren können sie auslösen, am häufigsten Rhinoviren.

Wichtig: Eine Erkältung ist keine Grippe. Die Grippe (Influenza) ist eine andere Erkrankung, die durch andere Viren verursacht wird und deutlich schwerer verlaufen kann.

Antibiotika helfen bei Erkältungen nicht. Antibiotika wirken gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Trotzdem werden sie viel zu oft verordnet - aus Unsicherheit, Zeitdruck oder weil Patienten darauf drängen.

Was hilft - laut Wissenschaft

Ruhe und Flüssigkeit

Langweilig, aber wahr. Ihr Körper kämpft gegen die Infektion. Geben Sie ihm, was er braucht: Energie sparen (Ruhe) und Material für das Immunsystem (Flüssigkeit).

Wie viel Flüssigkeit? Mindestens 2 Liter täglich. Tee, Wasser, Suppe - was Ihnen schmeckt.

Schmerzmittel bei Bedarf

Paracetamol oder Ibuprofen helfen gegen Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Fieber. Nicht weil sie die Erkältung heilen, sondern weil sie Symptome lindern.

Leichtes Fieber müssen Sie nicht senken. Fieber ist eine Abwehrreaktion des Körpers. Aber wenn Sie sich sehr schlecht fühlen oder das Fieber über 39°C steigt, ist Fiebersenkung sinnvoll.

Nasenspray (abschwellend)

Macht die Nase frei. Das hilft beim Schlafen und verhindert Komplikationen wie Nasennebenhöhlenentzündung.

Aber: Nicht länger als eine Woche verwenden. Sonst droht ein Gewöhnungseffekt - die Schleimhaut schwillt an, sobald Sie das Spray absetzen.

Salzwasser-Nasenspülung

Weniger sexy, aber wirksam. Spült Viren und Sekret aus der Nase. Studien zeigen, dass Nasenduschen die Dauer einer Erkältung verkürzen können.

Honig (bei Husten)

Tatsächlich belegt: Honig lindert Husten, besonders bei Kindern. Ein Teelöffel Honig vor dem Schlafen kann helfen.

Aber: Kein Honig für Kinder unter einem Jahr (Botulismusgefahr).

Was nicht hilft (oder nur bedingt)

Vitamin C

Der Klassiker. Und ein Mythos.

Die Studienlage ist klar: Vitamin C verkürzt die Dauer einer Erkältung um etwa 8% bei Erwachsenen - das ist weniger als ein Tag. Und das auch nur, wenn Sie Vitamin C regelmäßig nehmen, nicht erst wenn Sie krank sind.

Wenn Sie bereits eine normale Ernährung haben, bringt zusätzliches Vitamin C nichts.

Ausnahme: Extremsportler und Menschen unter starker körperlicher Belastung profitieren möglicherweise mehr. Aber der Durchschnittsbürger? Nein.

Zink

Komplizierter. Manche Studien zeigen einen kleinen Effekt, andere nicht. Wenn es hilft, dann nur in den ersten 24 Stunden nach Symptombeginn.

Problem: Zink-Präparate können unangenehm schmecken und Übelkeit verursachen. Und der Effekt ist, wenn vorhanden, klein.

Heiße Zitrone

Tut gut. Wärmt von innen. Schmeckt. Ist aber medizinisch nicht wirksamer als andere warme Getränke.

Das Vitamin C in der Zitrone? Wird durch heißes Wasser teilweise zerstört. Und selbst wenn nicht: siehe oben.

Echinacea (Sonnenhut)

Beliebtes pflanzliches Mittel. Die Studienlage ist widersprüchlich. Wenn es einen Effekt gibt, ist er klein.

Sauna / Heiße Bäder

Fühlt sich gut an. Aber: Bei Fieber ist Sauna keine gute Idee - das belastet den Kreislauf zusätzlich.

"Ausschwitzen"

Ein Mythos. Sie können eine Erkältung nicht ausschwitzen. Schwitzen ist ein Symptom, keine Therapie.

Wann zum Arzt?

- Fieber über 39°C, das länger als drei Tage anhält - Atemnot - Starke Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden - Eitriges Nasensekret (gelblich-grün) über mehrere Tage - Starke Kopf- oder Gesichtsschmerzen (Hinweis auf Nasennebenhöhlenentzündung) - Symptome, die nach einer Woche nicht besser werden - Chronische Erkrankungen (Diabetes, Herzprobleme, Immunschwäche)

Vorbeugung

Händewaschen. Ernst gemeint.

Die meisten Erkältungsviren werden über die Hände übertragen. Türklinke anfassen, dann ins Gesicht fassen - schon ist der Virus da.

Regelmäßiges Händewaschen mit Seife reduziert das Erkältungsrisiko deutlich. Mindestens 20 Sekunden, auch zwischen den Fingern.

Fazit

Die meisten Erkältungsmittel sind Placebo. Das ist okay - Placeboeffekte sind real und können helfen.

Aber wenn Sie wissen wollen, was wirklich wirkt: Ruhe, Flüssigkeit, Symptombehandlung. Und Geduld. Eine Erkältung dauert mit Behandlung sieben Tage und ohne Behandlung eine Woche.

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Dr. med. Jan Sturm

Dr. med. Jan Sturm

Facharzt für Allgemeinmedizin, Betriebsmediziner und Ernährungsmediziner

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