Dr. med. Jan Sturm
Facharzt für Allgemeinmedizin, Betriebsmediziner und Ernährungsmediziner
Hausarzt in Seesen. Triathlet. Pilot. Vater.
Auf diesem Blog schreibe ich, was in der Sprechstunde zu kurz kommt.
Jeden Tag stehe ich vor einem Dilemma.
Sieben Minuten. So viel Zeit habe ich als Kassenarzt durchschnittlich pro Patient. In diesen sieben Minuten soll ich zuhören, untersuchen, nachdenken, behandeln und dokumentieren. Das System will es so. Die Abrechnung gibt es vor.
Manchmal reicht das. Oft nicht.
Was auf der Strecke bleibt: Das Gespräch. Die Erklärung, warum ich etwas empfehle. Die Frage, wie es Ihnen wirklich geht - jenseits der akuten Beschwerden. Die Prävention, die Krankheiten verhindern könnte, bevor sie entstehen.
Ich habe für dieses Dilemma keine Lösung gefunden. Nach Jahren in der Praxis nicht. Was ich gefunden habe, ist dieser Blog. Ein Ort, an dem ich die Gespräche führen kann, für die in der Sprechstunde keine Zeit bleibt.
Der ungewöhnliche Weg
Mein Weg in die Medizin war nicht gerade. Mit 18 habe ich mein erstes Internetgewerbe angemeldet - das war Mitte der 90er, als das Netz gerade laufen lernte. Technik hat mich schon immer fasziniert. Aber nach einer Weile merkte ich: Den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen, das ist nichts für mich. Mir fehlten die Menschen.
Die Lösung lag nahe. Meine Jugend hatte ich bei der Freiwilligen Feuerwehr verbracht. Von dort war der Sprung zum Rettungsdienst nicht weit. Ich machte die Ausbildung zum Rettungssanitäter und fuhr Einsätze.
Und dann passierte etwas. Bei den Einsätzen beobachtete ich die Notärzte. Wie sie Entscheidungen trafen. Wie sie unter Druck funktionierten. Und irgendwann dachte ich mir: Was die können, kann ich auch.
Also Medizinstudium. Hannover, Medizinische Hochschule. Jahre später hatte ich nicht nur den Facharzt für Allgemeinmedizin, sondern auch die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Vom Rettungswagen zum Notarztwagen.
Hausarzt aus Überzeugung
Seit 2015 führe ich meine eigene Hausarztpraxis in Seesen im Harz. 2021 sind wir in größere Räume umgezogen. Die Region ist mir vertraut - meine Familie stammt aus Bad Salzdetfurth, ich bin hier aufgewachsen.
Allgemeinmedizin habe ich bewusst gewählt. Es ist das breiteste Fach der Medizin. Als Hausarzt sehe ich nicht nur ein Organ oder ein Symptom. Ich sehe den Menschen. Körper, Kopf, Lebensumstände - das gehört zusammen.
Über die Jahre kamen weitere Qualifikationen dazu: Betriebsmedizin, Ernährungsmedizin, Reisemedizin. Die Praxis ist heute WHO-zertifizierte Gelbfieberimpfstelle. Klingt nach viel Spezialisierung. Stimmt auch. Aber der Kern bleibt: den ganzen Menschen sehen, nicht nur Teilaspekte.
Inzwischen bin ich auch von der Ärztekammer zur Weiterbildung junger Ärzte ermächtigt. Wir brauchen gute Hausärzte. Und die kommen nicht von allein.
Wenn die Hosen spannen
Irgendwann während der Facharztausbildung stellte ich fest: Die Hosen fingen an, am Bauch zu spannen. Zu viel Sitzen, zu wenig Bewegung. Ich wusste es besser - und machte es trotzdem nicht.
Dann sah ich Thorsten Schröder im Fernsehen. Der Tagesschau-Moderator hatte gerade seinen ersten Ironman gefinisht. Und wieder kam dieser Gedanke: Wenn der das kann...
Ich fing an zu laufen. Erst kurze Strecken. Dann der erste Marathon. Die Strecken wurden länger, die Disziplinen mehr. Schwimmen. Radfahren. Laufen. Beim Ironman Hamburg bin ich schließlich meine erste Langdistanz gefinisht. 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer radfahren, 42 Kilometer laufen. An einem Tag.
Was ich dabei gelernt habe: Prävention fängt bei mir selbst an. Ich kann meinen Patienten viel erzählen über Bewegung und gesunden Lebensstil. Aber wenn ich es nicht selbst lebe, ist das nur Theorie. Der Triathlon hält mich ehrlich.
Über den Wolken
Die Technikfaszination aus der Jugend ist nie verschwunden. Mit 16 habe ich Segelfliegen gelernt. Vorher schon Modellflug, stundenlang. Über die Jahre kamen weitere Lizenzen dazu. Heute besitze ich eine weltweit gültige Motorflug-Privatpilotenlizenz.
Warum Fliegen? Über den Wolken ist der Kopf frei. Kein Telefon, keine sieben Minuten, keine Formulare. Nur ich, die Maschine und der Horizont. Wer das nicht selbst erfahren hat, kann es schwer nachvollziehen.
Was ich sagen kann: Fliegen und Medizin haben mehr gemeinsam, als man denkt. Beides braucht eine solide naturwissenschaftliche Basis. Beides erfordert strukturiertes Abarbeiten von Problemen - besonders wenn es eng wird. Checklisten. Priorisieren. Ruhe bewahren.
Und: Wir Ärzte können vom Fehlermanagement der Piloten noch viel lernen. In der Luftfahrt wird jeder Zwischenfall analysiert, ohne Schuldzuweisung, nur mit dem Ziel, es beim nächsten Mal besser zu machen. In der Medizin sind wir davon noch weit entfernt.
Privat
Seit 2010 lebe ich mit meiner Frau und unseren zwei Kindern in Seesen. Die beiden sind mittlerweile im Schulalter. Ich bin hier aufgewachsen, meine Familie stammt aus Bad Salzdetfurth. Heimvorteil sozusagen.
Warum dieser Blog
Zurück zum Anfang. Sieben Minuten pro Patient. Das System, das Dilemma.
Dieser Blog ist mein Versuch, etwas dagegen zu tun. Nicht gegen das System - das kann ich alleine nicht ändern. Aber gegen das Schweigen. Gegen die Erklärungen, die in der Sprechstunde untergehen. Gegen die Fragen, die nie gestellt werden, weil keine Zeit ist.
Hier schreibe ich über Medizin - aber verständlich. Über Prävention - aber praktisch. Über das Gesundheitssystem - aber ehrlich. Manchmal unbequem. Immer so, wie ich es sehe.
Die Technikaffinität von damals? Die ist immer noch da. Nur das Medium hat sich geändert. Statt Internetgewerbe jetzt ein Blog. Statt Code jetzt Texte. Das Ziel ist das gleiche geblieben: etwas aufbauen, das Menschen weiterhilft.
Zur Praxis
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